Endlich ist er online: Mein Geburtsbericht in der Türkei
Ich habe mich seltsamerweise mit dem Thema Geburt sei es die natürliche, Wasser-, oder Hausgeburt nicht wirklich intensiv auseinandergesetzt – letzten Endes hatte ich einen Kaiserschnitt, auch dieses Thema hat mich nicht sonderlich beschäftigt. Ich denke in meinen Gedanken war die Geburt ‚einfach noch so weit weg‘.
Andere, viele – für mich im Nachhinein banale Fragen kreisten mir während der Schwangerschaft intensiver durch den Kopf. Ein Jungle von Infos der mich abgelenkt hat von dem was bevor steht – es schien ja alles noch so weit weg.
Welche App zeigt mir den besten Entwicklungsstand unseres Babys?
Wie funktioniert das mit dem Stillen ?
Wie wechselt man Windeln – welche Windeln – mit Baumwolle und Wasser oder eher doch Feuchttücher?
Welchen Kinderhochstuhl, Autositz und Kinderwagen… welches Beistellbett, welches Nachtlicht, welche Spieluhr?
Welche Kleidergröße kaufen?
Flaschen ja oder nein? Wenn ja welche Flaschen und welche Schnuller?
Welches Krankenhaus – wieso gibt es hier keine Hebammen wie in Deutschland – wie soll ich das alles nur lernen?
Kliniktasche oder Koffer? Cola für den Mann und Socken für den OP-Raum nicht vergessen !
ja…es schien alles soweit weg und dann… dann war der Tag X gekommen… die Geburt… der Kaiserschnitt…schneller als gedacht… natürlich Monate lang davon gewusst und doch so überrumpelt. Ich schlage vor ich fang von vorne an.
20.07.2016 gegen 02.00 Uhr
Ich war mit einer Freundin mitten in der Nacht am telefonieren, hatte mir eine Schüssel Kellogs gemacht und wir quatschten über alles Mögliche. Ich scherzte noch, da ich regelmäßige Wehen bekam. Übungswehen – Senkwehen? Bis heute weiss ich den Unterschicht nicht. Sie waren auf jeden Fall nicht schmerzhaft und da ich schon mal einen Fehlalarm hatte, wollte ich nicht schon wieder unnötig aufgrund der Regelmäßigkeit ins Krankenhaus, daher habe ich mich entschieden dem Rat meiner Mutter und den Krankenschwestern zu folgen ‚Ich würde schon spüren wenn die richtigen Wehen losgehen‘.
20.07.2016 gegen 04:30 Uhr
Ich bekam Unterleibsschmerzen – hab ich sie mir nur eingebildet? Nein ! Sie wurden immer stärker und ich wollte ins Krankenhaus. Zusammen mit meinem Mann sind wir mit dem Auto ins Krankenhaus gefahren. Schmerzen waren aushaltbar. Wir spekulierten ob heute tatsächlich DER Tag ist… DER Tag an dem wir unseren Noah kennenlernen würden – für den alles monatelang vorbereitet wurde. Irgendwie ein total unrealistisches Gefühl.
Soll es heute soweit sein ? Wird er beim Nachhauseweg bei uns im Auto sitzen? 20.07.16 ist das das Datum welches wir uns merken sollten? Wird die nächste Nacht zuhause ein Baby – unser Baby im Beistellbettchen schlafen? Unsere Zweisamkeit beenden ? Aus einer Ehe eine Familie machen?
Im Krankenhaus angekommen mussten wir etwas warten. Mein Mann wurde nervöser – und ich war noch total entspannt. Als wir drankamen wurden wir in ein Zimmer gebracht an dem alle Werte gemessen wurden, regelmäßige Wehen – es war soweit & plötzlich kam der Anästhesist ins Zimmer. Es ist unbeschreiblich, da mir mein Mann nur alles übersetzten konnte und ich nicht die direkten Worte von dem Arzt verstanden habe. Ich habe mich hilflos gefühlt, ich wurde plötzlich aufgeregt und ich musste die ganze Zeit an meine Socken denken. Meine Hebamme meinte doch während der OP sollte ich Socken anziehen, da es kalt werden könnte… ich war verwirrt, nervös und konnte es nicht wirklich realisieren. Mir wurde eine Infusion gelegt – Kittel & Haube gebracht.
20.07.2016 gegen 09:30 Uhr
Ich wurde Richtung Aufzug geschoben – Ziel der OP Saal – mein Mann musste plötzlich wo anders aussteigen… sich umziehen für die OP. Mit meinem gebrochenen türkisch habe ich mehrmals wiederholt, dass bloß nichts angefangen werden soll bevor er nicht hier ist.
Als ich im OP Saal war, bin ich erschrocken… er sah aus wie in einer Psychiatrie – düster, ein paar grelle Lichter, eine Liege mit Schnallen und es war eiskalt. Mist ! Wir hatten die Socken vergessen…
Als ich meinen Mann in der Tür gesehen habe, spürte ich Erleichterung. Er kam zu mir, küsste meine Stirn, nahm an dem OP Tisch hinter mir Platz, sodass er meinen Kopf streicheln konnte. Er erklärte und übersetzte mir alles in einer sehr beruhigenden Art & Weise.
Ich hatte mich für die Spinalanästhesie / Teilkörperbetäunung entschieden, da ich auf jeden Fall die Geburt mit vollem Bewusstsein wahrnehmen kann. Auch einen Dämmerschlaf wollte ich nicht der mir angeboten wurde. Zuerst kam eine Betäubungsspritze damit ich die PDA nicht so arg spüre. Beides war schmerzfrei – allerdings hat er drei mal eingestochen um die richtige Stelle zu finden. Plötzlich wurde es angenehm warm in meinem Körper und auch meine Füße frierten nicht mehr.
Ich wurde mit meinen Handgelenken an den Tisch geschnallt – romantisch sieht anders aus. Plötzlich wurde mir richtig schlecht, ich bekam richtige Kreislaufprobleme, wurde blass und hatte Schweißperlen im Gesicht. Ich habe meinem Mann gesagt er soll das den Ärzten sofort sagen… ich dachte ich müsse mich in jeder Sekunde übergeben. Der Anästhesist war entspannt und hat mich erst mal in Seitenlage positioniert – das hat super geholfen. Währenddessen trudelte das komplette Ärzteteam ein.
Dann wurde es langsam Ernst. Mit einem Metallstück wurde ich ab meiner Hüfte auf Kälte- und Wärmeempfinden getestet – um sicher zu gehen, dass die Betäubung sitzt. Dann wurde mir nochmal erklärt, dass ich nur ein rütteln spüren würde und die Berührungen des Teams. In der Sekunde dachte ich mir nur ‚Ahhhhja ich spüre keine Kälte und Wärme – werde aber Berührungen spüren und die Schnitte nicht?‘ Er erklärte weiter, dass sie jetzt den ersten Schnitt antreten werden und ich mich melden soll wenn ich was spüre. So sind sie Schritt für Schritt vorgegangen.
Tatsächlich spürte ich die Berührungen aber die Schnitte und alles weitere nicht. Alles ging erstaunlich schnell nach ein paar Minuten – für mich gefühlte Sekunden – hieß es der Kleine ist gleich da. Mir wurde auf den Brustkorb ein paar mal gedrückt… dies tat nicht weh… es war nur ein ungewohntes Gefühl. Mein Mann allerdings machte sich große Sorgen und bekam Angst, wie er mir im Nachhinein erzählt hat. Ich wäre sehr rot angelaufen während des ‚Pressens‘, Adern an meiner Stirn und Hals traten aus – meine Augen ein leerer Blick. Ich selbst habe nur noch auf das Schreien meines Babys gewartet.
20.07.2016 um 10:19 Uhr
Plötzlich hörte ich es… das Schreien… so deutlich und doch so zart… Tränen schossen mir in die Augen und waren gar nicht mehr zu stoppen. Er war da – Noah der kleine Punkt der sich über Monate in mir entwickelt hat. Mein Sohn – unser Noah er hat das Licht der Welt erblickt.Er schrie und schrie. Ich war erleichtert und dachte mir ’schrei mein Sohn, das ist ein gutes Zeichen‘. Ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen – wann habe ich so sehr in meinem Leben geweint ? Noch nie… Was ich in dem Moment gefühlt habe kann ich nicht in Worte fassen. War es Erleichterung, Freude, Unsicherheit, Liebe, Verlangen, Unbeholfenheit ? Ich nenne es überwältigt!
Sofort wurde er mir an angelegt – er war für mich erstaunlich sauber – ohne Blut, ohne Schmiere. Er schrie immernoch und ich fragte mich, was ich machen soll? Plötzlich flüsterte ich ihm ins Ohr – ‚Nein Noah – nicht mehr weinen, alles ist gut‘ in dem Moment als er meine Stimme hörte, war er leise… hörte auf zu weinen… ich hörte auf zu weinen und meine Tränen kullerten schweigend weiter. Dieser Moment wurde auf Video festgehalten und hatte was magisches.
Er wurde anschließend direkt gegenüber von mir gemessen, kontrolliert und angezogen – ich konnte alles sehen und ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Als er fertig war, war mein Mann dran unseren Sohn zu halten, er hat ihn mir neben mein Gesicht gehalten und wir haben so wie es eben ging als Familie gekuschelt.
Kurze Zeit darauf kam eine Art Hebamme die Noah direkt an die Brust angelegt hat und mir gezeigt hat wie ich stillen soll. Dieses Thema… stillen… wie oft habe ich mir darüber Gedanken gemacht. Wird es mein Baby können? Wird in dem Moment Milch überhaupt ‚rauskommen‘? Kann ich das und vor allen Dingen wie geht das? Noah nockte an, fing an zu saugen… Unglaublich ich bin Mama geworden.
Währenddessen wurde ich genäht, man sagte mir der ganze Vorgang ab der Entbindung bis zur Entlassung des OP Saals hat ca. 30 Minuten gedauert. Für mich – uninteressant. Die Zeit blieb ab dem Moment eine ganze Woche für mich stehen. Die Geburt hätte für mich nicht schöner verlaufen können, das Bonding nicht intensiver sein können. Es war der schönste Tag meines Lebens.
Wenn ihr wissen wollt welche Komplikationen am selben Tag noch aufgetreten sind, warum ein Kaiserschnitt kein Spaziergang ist und welche Punkte ihr unbedingt vorher abklären lassen solltet um den Kaiserschnitt und das Bonding perfekt zu erleben, dann hab ich hier die wichtigsten Infos für euch in diesem Video zusammengefasst.
22 comments
💗 so emotional mir sind die tränen gekullert
Merci für das süße Feedback 🙂
Sehr schön geschrieben,Laura!!:)
Hatte eine richtige Gänsehaut beim lesen <3
Freu mich auf mehr:)
Lieben Dank für das süße Feedback von dir ! ganz liebe Grüße zu dir
❣️😱 Ist das schön geschrieben…wenn man das durchliest und selber Mama ist, kann man nur vor Glück und Freude ein paar Tränen vergießen! Wirklich sehr sehr emotional ❣️👌🏻👶🏻
Dankeschön für das nette Kommentar welches du heilgelassen hast 🙂 hat mich sehr gefreut
Wow! 😘
Das hast du sehr schön geschrieben 😍🙈 deine Bilder sagen alles.. und sehr emotional Wunderschön
Ich freue mich schon auf deinen neue Blog Eintrag. 👍🏼
Das du das alles selber gemeistert hast obwohl du die Sprache nicht. Verstehst Respekt ✊🏻 👍🏼
Freut mich sehr, dass du ein Feedback hier gelassen hast 🙂 Danke dir für die lieben Worte
Du bist so eine tolle Mama 😍
Du bist ja süß 🙂 Danke
So schön geschrieben 😍 mir sind direkt Tränen in die Augen geschossen 💙
Vielen lieben Dank !!
Du hast es soooo toll geschrieben Laura! Es hat mich so sehr berührt! Ich bin selbst vor 2 Monaten Mama geworden und es ist alles so toll!
Mit deiner Geschichte hast du mir gerade auch die Erinnerungen an meine Geburt ins Gedächtnis gerufen, obwohl ich keinen Kaiserschnitte oder so hatte. Mir laufen immer noch die Tränen wirklich sehr toll geschrieben! Danke das du uns daran teilhaben lässt! 😘
Vielen Dank für das liebe Feedback ! schicke dir ganz liebe Grüße
♥️Sooo bewegend,total schön wie du das wiedergegeben hast!!!Dein Mann kann Stolz sein so eine Frau zu haben und der kleine Noah so eine Mama !!!Beeindruckend wie du das alles gemeistert hast und das du dich dadrauf eingelassen hast euren kleinen Noah da zu Welt zu bringen!Liebe ist was ganz besonderes,wenn man es mit dem passenden Partner teilen kann und das ist so schön zu sehen bei euch,da passt alles!!!ihr seid so eine tolle und schöne glückliche kleine Familie!Alles liebe und Gute für eure weitere Zukunft!Ich verfolge gespannt 😊
Ich hatte am 28.12.2016 einen Kaiserschnitt und unsere Tochter kam hier in Berlin zur Welt. Ich muss ehrlich sagen, als ich deinen Bericht las, kamen mir die Tränen. Zu 99,9 % hätte das meiner sein können! Unglaublich! Danke dafür! Hast meine Gefühle beschrieben.
Alles Gute für euch drei ❤️
Wird in der Türkei immer gefilmt oder habt ihr das selbst gemacht ?:) (wenn es nicht Standard ist, wie habt ihr es veranlasst?:))
Wirklich schön zu lesen 😍😍
Hallo Laura!
Sehr emotional geschrieben, da erinnere ich mich auch an unsere Geburt von Lilly – hatte auch einen Kaiserschnitt. Es lief bei mir auch so ab, es war toll. Der erste Schrei, unvergesslich! Unbeschreibliche Liebe! ❤️
So ein wunderschöner Bericht 😍 Schöner hätte man es nicht beschreiben können. Da kullern einem die Tränen ❤️ Du bist einfach unfassbar toll!
Endlich bist du wieder auf Youtube und jetzt auch hier auf einem Blog aktiv! Du bist eine tolle junge Frau/Mutter und ein absolutes Vorbild! 🙂
Oh, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.. du inspirierst mich von Tag zu Tag. Dieser Eintrag sowie die anderen sind so schön ❤️ geschrieben wie auch perfekt mit den Worten gewählt. Ich folge dir jetzt schon etwas länger und ich kann mich immer und immer nur wiederholen, dass ich dich und deine kleine Familie sehr schätze und riesen Respekt davor habe wie gut du alles meisterst.
Ich will nicht wie ein kleines Fangirl rüber kommen.. aber sogar für mich bist du ein wahres Vorbild!
Liebe Grüße, Melissa ❤️
Wow 😘 eine wunderschöne & emotionale Geburt hättest du Laura ! Das ist ein wirklich unvergesslicher Moment 😙